Von Dr. Kerstin Hermuth-Kleinschmidt und Dr. Silke Boeffel.

Um Nachhaltigkeit erfolgreich im Unternehmen umsetzen zu können, muss man sich auf sechs Kernthemen fokussieren: Leadership, nachhaltiges Handeln, Arbeitsbedingungen und Work-Life-Balance, Gesundheit und Well-being, Rekruiting und Mitarbeiterentwicklung sowie das Thema Diversität. Diese bilden die Grundlage für die Erarbeitung konkreter Nachhaltigkeitmaßnahmen.

In unserem letzten Beitrag haben wir gezeigt, wie sich die Personalabteilung der fiktiven Endrio Biotech GmbH durch eine Stakeholderanalyse Klarheit über die Erwartungen und Wünsche ihrer wichtigsten Interessengruppen verschafft hat. Im nächsten Schritt geht es nun um die Definition der Themenfelder, mit denen sich HR auseinandersetzen muss. Dabei werden die wichtigsten Stakeholder in den Prozess eingebunden, denn nur so kann die Personalabteilung verstehen, welchen Einfluss ihre Entscheidungen auf die Stakeholder haben – und umgekehrt.

Schritt 1: Die Personalabteilung bestimmt ihre Fokusthemen

HR ThemenUm Ziele und Maßnahmen zu definieren, mit der die Nachhaltigkeitsstrategie mit Leben gefüllt und operativ umgesetzt wird, müssen zunächst folgende Fragen geklärt werden:

  • Welche Nachhaltigkeitsthemen sind aus Sicht der Personalabteilung wichtig?
  • Welche davon soll die HR-Abteilung als erstes (prioritär) angehen?
  • Wie ist die Sicht der Stakeholder: welche konkreten Nachhaltigkeitsthemen sind für diese Gruppe am relevantesten?

In einem ersten Schritt werden Themen gesammelt, die die HR-Mitarbeiter selber als wichtig erachten für den Aufbau einer nachhaltigen Unternehmenskultur und einer nachhaltig ausgerichteten Personalarbeit. Hier geht es zunächst um ein allgemeines Brainstorming: jedes Thema ist willkommen und wird schriftlich festgehalten.

Schritt 2: Einbeziehen der Stakeholder-Fokusthemen

Zur Klärung der Sicht der verschiedenen Stakeholdergruppen werden die wichtigsten internen und externen Stakeholder (aus der Gruppe der Champions und Influencer) zu einem eintägigen Workshop eingeladen, in dem diese zunächst ihre Themen formulieren, die sie als wichtig erachten. Auch hier kommt eine Vielfalt an Vorschlägen, die sich in weiten Teilen überschneiden. Führungskräfteentwicklung, Diversität, Employer Branding, Führungsverhalten und Sinnhaftigkeit der Arbeit oder die Wichtigkeit von zufriedenstellenden Arbeitsbedingungen und Work-Life-Balance werden häufig genannt.

Dazu kommen weitere Themen, wie Mitarbeiterbindung und ein aktives Change-Management. Gerade in der gegenwärtigen Situation mit vielen Veränderungen wünschen sich vor allem die Mitarbeitenden ein aktiveres Management der Situation, mehr Information und eine aktivere Einbindung. Die Erarbeitung einer Nachhaltigkeitsstrategie mit einer starken Einbindung von HR wird dabei ausdrücklich begrüßt.

Schritt 3: Die Wesentlichkeitsmatrix zeigt klare Prioritäten auf

Durch die Vielfalt der Themen als Ergebnis der Workshops wird die Personalabteilung vor eine große Herausforderung gestellt, denn jedes Thema hat auf die eine oder andere Weise seine Berechtigung. Allen Beteiligten ist klar, dass nicht alle Wünsche und Vorstellungen erfüllt werden können. Es geht darum, die Bedürfnisse der Stakeholder als eine Opportunity zu sehen, die richtigen und wirksamsten Maßnahmen zu ergreifen und keine „blinden Flecken“ zu übersehen – zum Wohle des Unternehmens.

Um handlungsfähig zu sein, sollten aber nicht zu viele Themen gleichzeitig angegangen werden. Man will sich auf fünf bis sechs Themen fokussieren und diese bevorzugt weiter bearbeiten. Doch wie erfolgt eine sinnvolle Priorisierung? Was sind wesentliche Themen?

Im unternehmerischen Nachhaltigkeitsmanagement nutzt man für die Priorisierung der wesentlichen Themen die sogenannte Wesentlichkeitsmatrix. Hier werden zwei Sichtweisen gegeneinander aufgetragen, um daraus eine Priorisierung zu erhalten: die Relevanz für die Stakeholder und die Relevanz für HR.

Um eine Wesentlichkeitsmatrix zu erstellen einigt man sich auf folgendes Vorgehen:

  1. Themensammlung: Prioritätenliste erarbeiten und nach Relevanz sortieren
  2. Online-Befragung: Das Meinungsbild der Follower und Neutralen mit einbeziehen
  3. Aufruf in Mitarbeiterzeitung: Durch die Mitarbeiterzeitung, die auch an pensionierte Mitarbeiter und Familienangehörige verschickt wird, wird die Reichweite weiter erhöht.
  4. Themenabgleich: Abgleich der priorisierten Themen mit HR-Erwartungen aus der Stakeholderanalyse

Als Ergebnis erhält man folgende WESENTLICHKEITSMATRIX:

Wesentlichkeitsmatrix

Rechts oben in der Matrix finden sich Themen, die für beide Gruppen relevant sind, wie Führungskräfteentwicklung, Diversität oder Vereinbarkeit von Job und Familie. Diese sind gesetzt. Es gibt aber auch Themen, die die Stakeholder mit hoher Relevanz einstufen, wie das Thema Mitarbeiterbindung. Angesichts der einerseits steigenden Nachfrage nach Fachkräften und der hohen Arbeitsbelastung in den letzten Monaten wurde der Wunsch vorgetragen, hier einen Fokus in der HR-Strategie zu legen. Daher wird es den wesentlichen Themen hinzugefügt. Kommunikation und Mitarbeiterinformation sind wiederum für HR hoch relevant, vor allem im Hinblick auf die Nachhaltigkeitskommunikation. Auch dieses wird auf die Liste der wesentlichen Themen gesetzt.

Schritt 4: Gruppierung der Kernthemen aus der Wesentlichkeitsmatrix führt zu sechs Hauptbereichen

Mit Hilfe der Wesentlichkeitsmatrix kristallisieren sich so die Schlüsselthemen heraus. Manche sind sich ähnlich, wie Personalentwicklung und Führungskräfteentwicklung, oder fallen in einen ähnlichen Themenkomplex. Daher werden gemeinsame Themenfelder definiert, unter denen sich verschiedene Unterpunkte befinden.

So ergeben sich insgesamt sechs Themenfelder, die sich alle um das Ziel – den Aufbau eines nachhaltigen Personalmanagements – ranken.

Diese Klassifizierung in die sechs Haupt-Themenfelder schafft einen klaren Überblick und bringt Struktur in das sehr komplexe und zum Teil unübersichtliche Nachhaltigkeitsthema. Anhand dieser Struktur kann die Endrio Biotech Personalabteilung nun klar messbare Ziele und konkrete Maßnahmen für jeden der sechs Teilbereiche bestimmen.

Und wie geht’s weiter?

Wie diese für die einzelnen Themenfelder aussehen können, beschreiben wir in den nächsten Folgen anhand von Best-Practice-Beispielen zu jedem einzelnen Themenfeld: LeadershipRecruiting & MitarbeiterentwicklungDiversitätArbeitsbedingungen & Work-Life-BalanceGesundheit & Well-beingNachhaltiges Handeln.